Haltung von wirbellosen Tieren
Daniel Schindler (
http://www.daniel-schindler.com
http://www.poecilotheria.org )
Auf Wunsch der Redaktion von http://www.onguru.com/
schreibe ich an dieser Stelle eine kleine Einführung
zur terraristischen Hobbyhaltung von wirbellosen Tieren, dazu sollte ein
allgemein einführender Teil, was Wirbellose überhaupt sind nicht fehlen, damit
auch jeder weiß wovon gesprochen wird.
Einleitung zum Thema Wirbellose
Als wirbellose Tiere ( auch Invertebrata oder Evertebrata )
werden alle Tiere bezeichnet die keine Wirbelsäule besitzen. Ich werde mich in
diesem Artikel mehr auf die Gliederfüßer ( Arthropoda ) beziehen, speziell auf
die beiden darin bekanntesten enthaltenen Tiergruppen. Diese beiden Tiergruppen
sind auch sehr häufig in der Terraristik vertreten.
Nun fragen sich sicher einige: Spinnentiere und Insekten –
Wie da gibt’s Unterschiede?!? So, oder so ähnlich könnte eine Frage aussehen,
die nun in einigen Köpfen herum schwirren mag. Diese Frage ist ganz einfach mit
JA zu beantworten. Die Unterschiede sind sogar ziemlich gravierend
deshalb sind Spinnentiere und Insekten zwei sehr unterschiedliche Tiergruppen,
die eine Vielzahl von verschiedene Arten enthalten. Sie gehören zu den
Artenreichsten Gruppen auf diesem Planeten, man nimmt an das es mehr als
1.000.000 verschiedene Insektenarten gibt und einige 100.000 verschiedene
Spinnentiere. Neben einigen gemeinsamen Merkmalen, wie zum Beispiel das es sich
um wirbellose Tiere handelt, sie ein Außenskelett besitzen das aus Chitin
besteht und sie sich deshalb regelmäßig häuten müssen um wachsen zu können,
haben sie auch recht gravierende Unterschiede. Eine der grundlegenden
Unterschiede, ist das Spinnentiere 8 Beine haben und Insekten nur 6. Ein
weiteres morphologisches Merkmal ist die Segmentierung des Körpers, Insekten
haben den Köper in drei Abschnitte gegliedert, das Kopfstück, das Bruststück mit
den 6 Beinen und den Hinterleib. Besonders bei einer Wespe kann man diese
Segmentierung sehr gut erkennen, wobei einem bei genauer Betrachtung dann auch
klar wird woher der Begriff „Wespentaille“ stammt. Stellt man nun zum Beispiel
eine Spinne dagegen fällt auf, dass der Körper nur in zwei Teile segmentiert
ist, das Kopfstück und das Bruststück sind verschmolzen und nur noch als ein
Segment erkennbar, der Hinterleib bildet das zweite Segment. Ich denke das
reicht den meisten um zu erkennen, das Spinnentiere und Insekten nicht zu der
gleichen Gruppe von Tieren gehören sondern nur „Verwandte“ von einander sind.
Einführung in die Haltung wirbelloser Tiere
Sollte man sich entschlossen haben wirbellose Tiere im
Terrarium zu pflegen, so ist es ratsam vorher einige Dinge zu beachten. Zuerst
sollte man sich aussuchen welche Tiere in Frage kommen könnten und sich danach
zu den jeweiligen Tieren Informieren. Am Ende dieses Artikels stelle ich noch
ein paar Bücher vor die für Anfänger als geeignete Literatur einzustufen sind.
Hier einmal eine kleine Checkliste was man beachten sollte
- Bestehen Probleme mit Fütterung von lebenden Tieren?
Wenn ja, dann sollte man sich zu Tieren Informieren die
nicht auf lebendes Futter angewiesen sind, selbst dort gibt es eine große
Vielfalt an Tieren. Später werden von mir ein paar Arten mit einem groben
Haltungssteckbrief vorgestellt.
- Kommt für mich eine Haltung von Gifttieren überhaupt
in Frage?
Diese Frage ist eine sehr Entscheidende, man sollte auf
jeden Fall mit seinen Mitbewohnern ( Freundin, Eltern etc. ) abklären ob es in
Ordnung ist mit der Haltung von Tieren wie Skorpionen, Vogelspinnen und anderen
giftigen Tieren. Ebenfalls sollte man schauen ob es vom Bundesland ( jedes
Bundesland regelt das anders ) oder vom Mietvertrag her keine Verbote gibt.
- Warum will ich die Tiere überhaupt halten?
Auch diese Frage empfinde ich als sehr wichtig. Diese Tiere
sind keine Schmusetiere, sie können auf keinen Fall domestiziert
werden wie Hund oder Katze und sollten auch nicht zur Befriedigung der
Sensationsgier gehalten werden. Die Tiere sind vergleichbar mit Fischen in einem
Aquarium, sie bieten diverse Verhaltensmuster die interessant zu beobachten
sind, aber eignen sich wie schon erwähnt nicht zum streicheln, auf die Hand
nehmen etc.
- Besitze ich die finanziellen Mittel um die Tiere zu
versorgen?
Immer wieder ist zu beobachten das Leute sich Tiere kaufen,
das passende Terrarium sowie diverses Zubehör und nach einiger Zeit merken, „oh
die Tiere kosten ja viel mehr Geld als ich dachte – ich brauche ständig
frisches Futter & CO“ Solche Sachen sollten auch vor einem Kauf
überlegt werden.
Nun einmal diese Aspekte zur Seite und zu einer kleinen
Überlegung warum man sich überhaupt wirbellose Tiere halten sollte. Meiner
Meinung nach sind wirbellose Tiere die idealen Haustiere. Sie stinken nicht,
machen kaum Dreck und arbeit, dazu haben sie noch diverse interessante
Verhaltensmuster zu bieten. Ebenfalls benötigen sie nicht den großen
Pflegeaufwand wie z.B. ein Hund der morgens, mittags und abends einmal vor die
Tür gelassen werden will und zwischendurch noch eine Runde spielen will, bzw. am
Familienleben teilhaben möchte.
Für die Haltung von wirbellosen Tieren benötigt man zu
allererst ein Terrarium – wobei man hier kein pauschale Größe nennen kann. Man
sollte sich nach den Ansprüchen des jeweiligen Tieres richten. Worauf man beim
kauf achten sollte ist, dass das Terrarium eine Doppellüftung besitzt. Der
Faktor von Schiebescheiben bzw. einer Falltür ist relative egal und ist
eher eine Geschmackssache. Bei Falltürterrarien die größer als 40x30x30 bzw.
20x30x40 sind kann eine Falltür eher kaputt gehen, wenn man sie aus welchem
Grund auch immer zu schnell schließt. Der Bodengrund richtet sich je nach
Tierart. Allgemein kann man sagen das man eine Höhe von ca. 5cm einfüllen
sollte, um eine Grundfeuchte zu errechen. Hierfür eignet sich zum einen
gewöhnliche Blumenerde / Torf aus dem Gartencenter oder man kann auch zu den
teureren Kokoshumusziegeln greifen. Man sollte jedoch drauf achten, dass der
Bodengrund nicht zusätzlich gedüngt ist. Bei einigen Tieren kann man auch auf
den Bodengrund verzichten (z.B. Gespennstschrecken, Mantiden etc.), jedoch
sollte man dann Küchenkrepp auf den Boden legen das man regelmäßig leicht
anfeuchten muss um die Luftfeuchtigkeit zu halten.
Die weitere Einrichtung ist meist Artspezifisch und
unterscheidet sich von Tiergruppe zu Tiergruppe. Weitere Infos gibt es noch im
speziellen Teil an der Stelle werden einige Beispieltiere vorgestellt.
Kauf von wirbellosen Tieren
Hat man sich nun entschlossen das ausgewählte Tier zu
erwerben und sich vorher genug dazu informiert so sollte man das Terrarium
vorher kaufen, oder zumindest alles da haben damit der/die Pflegling(e) recht
schnell in das Terrarium wandern können, um nicht lange Zeit in den
Transportboxen verweilen müssen.
Ich kann allen interessierten nur abraten die Tiere in
Terraristikfachgeschäften bzw. Zoohandlungen zu kaufen, da das Personal dort
häufig in diesem Bereich recht überfordert ist und die Preise auch sehr gesalzen
sind. Es ist besser die Tiere direkt bei einem privaten Züchter oder auf
Terraristikbörsen zu erwerben, dort kann man dann auch noch wertvolle
Informationen direkt vom Züchter zu den jeweiligen Tieren erhalten.
Kontakt zu privaten Züchtern kann man u.a. auf
www.terraristik.com finden, dies ist Europas bedeutendste online „Terraristikbörse“
mit einer Großzahl an Angeboten pro Tag, dort kann man auch aktuelle Termine für
Börsen in den jeweiligen Regionen erfahren.
Artenvorstellungen
An dieser Stelle sind ein paar Beispieltiere aus den
diversen Gruppen der wirbellosen Tiere vorgestellt mit genaueren Angaben zu ihre
Haltung. Diese Tiere sind allesamt für den Einstieg in die Terraristik geeignet
und ein Anfänger in diesem Hobby sollte mit diesen Arten keine großen Probleme
haben. Vorweg muss ich noch anmerken das ich an dieser Stelle vollkommen auf
deutsche Trivialnamen verzichte, da diese meist Erfindungen von diversen
Händlern sind und keine Konstanz haben. Deswegen sollte man sich von Anfang an
die wissenschaftlichen Namen einprägen, diese können sich zwar auch aufgrund der
Systematik ändern, aber es ist leichter die Namen zu verfolgen und ggf. zu
korrigieren.
Extatosoma tiaratum ( eine
Gespenstschreckenart )
Verbreitung: Australien
Futter: In allen Stadien Brombeerblätter ( kostenlos das
ganze Jahr im Wald erhältlich )
Lebensweise: Die Tiere sitzen auf den Ästen und ernähren
sich von ihnen. Sie können sich auch parthogenetisch Fortpflanzen, d.h. das sie
keine Männchen benötigen um sich zu vermehren. Jedoch sollte man immer Männchen
erwerben, da die Tiere sonst irgendwann ihre Fruchtbarkeit verlieren und von
Generation zu Geberation immer weniger Tiere aus den Eiern schlüpfen. Auch hat
man so keine Chance auf Männchen da bei der parthogenetischen Vermehrung nur
weibliche Tiere heranwachsen.
Haltung: Die Tiere sollten je nach Grösse der Gruppe in
Terrarien ab 20x30x40 gehalten werden. Diese Größe sollte ausreichend für ein
ausgewachsenes Männchen und zwei ausgewachsene Weibchen sein. Bei den Tieren
kann ruhig auf einen Bodengrund verzichtet werden um die Eier einsammeln zu
können in so fern sie nicht im Terrarium verbleiben und dort schlüpfen sollen.
Das Futter dient den Tieren gleichzeitig als Klettmöglichkeit von daher sind
keine weiteren Einrichtungsgegenstände von Nöten. Alle paar tage sollte ein
wenig Wasser gesprüht werden und Temperatur sollte zwischen 20-26°C liegen.
Hierodula membranacea ( eine
Gottesanbeterinart )
Verbreitung: China, Indien, Nepal, Sri Lanka und Thailand
Futter: Der Größe angemessene Heimchen, Heuschrecken,
Fliegen etc.
Lebensweise: Die Tiere verharren auf Ästen und warten
darauf, das Futter vorbei kommt um dies dann in einem Bruchteil einer Sekunde
mit den Fangarmen zu erbeuten und bei lebendigem Leib zu verzehren.
Haltung: Die Tiere können in einem Terrarium ab 20x20x30
gehalten werden das mit einigen Ästen als Klettermögichkeit eingerichtet ist.
Bei den Tieren kann auf den Bodengrund ebenfalls verzichtet werden, jedoch ist
das jedem selbst überlassen. Alle paar Tage sollte einmal gesprüht werden. Die
Temperatur sollte zwischen 24-26°C liegen.
Chlorochara africana oertzeni ( eine
Käferart )
Verbreitung: Kenia und Tanzania
Futter: Imagos: saftige/überreife Früchte ( z.B.: Bananen,
Mangos… ), Larven: verrottendes Laub und Holz ( ebenfalls kostenlos im Wald
erhältlich )
Lebensweise: Die Larven fressen sich durch den Bodengrund
und hinterlassen wahre Fraßgänge. Käfer durchlaufen in ihrem leben folgende
Stadien: Ei → 3 Larvenstadien → Puppenstadium → Imago ( der fertige Käfer ). Der
fertige Käfer krabbelt und fliegt dann bis zu 6 Monate durchs Terrarium und
paart sich in der Zeit mit seinen Artgenossen um für neue Nachkommen zu sorgen
um den Kreislauf fort zu setzten.
Haltung: Die Larven zieht man am besten in einem Gemisch
aus 1/3 verrottendes, auch „weißfauldendes“ Holz genannt, dies kann man daran am
besten erkennen, dass der Ast immer leichter ist als man denkt, wenn man ihn
hoch hebt und das Holz sehr bröselig und hell ist. Wichtig ist darauf zu achten,
dass man nur Holz von Laubbäumen verwendet, da Nadelbäume ätherische Öle
besitzen. Die anderen 2/3 sollten aus verrottendem Laub und Bodengrund aus dem
Wald bestehen, am besten sind die ersten 2-3cm unter dem frischen Laub. Ich
persönlich halte die Tiere in ca. 60x30x30 Klarsichtboxen von Ikea ( Modell: „Flaj“)
da ich so genug Bodengrund einfüllen kann, bis zu 25cm Bodengrund sollte nämlich
schon sein um eine gescheit laufende Zucht zu garantieren. Der Bodengrund sollte
mäßig feucht bleiben und nie ganz austrocknen. Die Temperatur sollte zwischen
20-26°C liegen.
Babycurus jacksoni ( eine Skorpionart )
Verbreitung: Tanzania
Futter: Der Größe angemessene Heimchen, Heuschrecken,
Fliegen etc.
Lebensweise: Skorpione sind nachtaktiv, sie verharren
Tagsüber in ihrem Versteck, z.B. unter einem Stein oder anderen großen
Gegenständen. Abends kommen sie zum Eingang und lauern dort auf beute die sie
durch einen Giftstich töten. Interessant ist das Weibchen ihre Jungtiere auf dem
Rücken tragen und bis zur zweiten Häutung beschütze, danach sind die Jungtiere
auf sie selbst angewiesen.
Haltung: Das Terrarium sollte mindestens die Maße von
20x30x20 oder 30x20x20 aufweisen und mit 5cm Bodengrund sowie einer
Versteckmöglichkeit ausgestattet sein. Die Tiere benötigen nur alle 7-14 tage
ein wenig Futter. Der Bodengrund sollte leicht feucht gehalten werden und alle
paar tage sollte einmal gesprüht werden. Die Temperatur sollte um 28°C liegen.
Brachypelma boehmei ( eine Vogelspinnenart
)
Verbreitung: Mexiko
Futter: Der Größe angemessene Heimchen, Heuschrecken,
Fliegen etc.
Lebensweise: Vogelspinnen sind wie Skorpione Lauerjäger und
nachtaktive, kommen also nur nach Dämmerungsbeginn zu dem Eingang ihrer
Wohnröhre und lauern dort auf Beute.
Haltung: Die Tiere lassen sich in Terrarien ab 20x30x20
bzw. 30x20x20 halten. Der Bodengrund sollte eine Höhe von 5cm haben und sich
nach hinten hin etwas erhöhen, also einen kleinen Hang bilden. Im Terrarium
sollte eine Versteckmöglichkeit in Form eine Korkröhre der vergleichbarem
angeboten werden. Der Boden ist leicht feucht zu halten, das wöchentliche
sprühen sollte reichen um eine angemessene Feuchte zu erhalten. Die Temperatur
sollte zwischen 26-28°C liegen. Auch Spinnen sind sehr genügsam und brauchen nur
alle 7-14Tage Futter.
Literatur
Folgende Literatur kann ich für den Einstieg in die Haltung
von wirbellosen Tiere empfehlen, sie ist leicht verständlich und zu einem
sozialen Preis erhältlich:
Volker von Wirt – GU Tierratgeber VOGELSPINNEN
Dieter Mahsberg, Rüdiger Lippe und Stephan Kallas -
Skorpione
Arndt Löwenberg – Ratgeber Exotische Käfer
Weiterführende Links
Deutsche Arachnologische Gesellschaft e.V.
http://www.dearge.de
Ein recht bekanntes Terraristik Forum
http://www.terraristik-talk.de
Forum rund zum Thema Käfer
http://www.kaeferforum.com
Eine Seite über die Gattung Poecilotheria
http://www.poecilotheria.com
Meine eigenen Seiten
http://www.daniel-schindler.com Beschäftigt sich mit meinen privaten Fotos etc.
http://www.poecilotheria.org Beschäftigt sich mit der Haltung von wirbellosen Tieren
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